Hybride Typen V - Wohnen in Amsterdam

Master Entwurf Sommersemester 2019
Silodam

Mit dem Entwurfsthema „Wohnen in Amsterdam“ führen wir die Entwurfsreihe „Hybride Typen“ fort und widmen uns dieses Semester experimentellen Wohnformen. Sich wandelnde kulturelle, ökonomische aber auch ökologische Gründe sorgen für steten Bedarf neuer Wohnräume im urbanen Kontext. Doch welche Forderungen stellen diese gesellschaftlichen Veränderungen und was kann dies für den Entwurf bedeuten?

Die Beschäftigung mit dem Typus des Hybriden geschieht an einem konkreten Ort auf der Insel Java, die eine künstliche Insel und ein Stadtviertel im östlichen Hafengebiet von Amsterdam ist. Dort erstreckt sich eine lange, schmale, unbebaute Landzunge, die dem Amsterdamer Hafen parallel vorgelagert und so durch ihre Lage in eine exponierte Beziehung zur Stadt gesetzt ist.

Die Dimension der zu bebauenden Fläche erlaubt es uns den Fokus auf das Wohnen in der Großstruktur, sowie auf die Themen des Raumes und auf die grundlegenden architektonischen Elemente wie Türen, Fenster oder Treppen zu legen. Die konventionelle, aus dem bürgerlichen Wohnen des 19. Jahrhunderts stammende Wohnform, die jegliche andere verdrängt hat, gilt es zu hinterfragen und Möglichkeiten jenseits dieser zu finden. Doch was können wir aus der überlieferten Historie des Wohnens lernen und welche hybride Form kann sich aus dem klassischen Wohnen entwickeln?

Während sich Kulturen und Gesellschaften permanent verändern und obwohl das Bewusstsein für die Pluralität der Gesellschaft, für die Freiheit individueller Entfaltung und neuer Formen des Zusammenlebens wesentlicher Bestandteil unserer heutigen Realität sind, verändert sich der an kulturellen Konventionen gebundene Wohnungsbau kaum. Das Ideal der Familie ist angesichts der heutigen Gesellschaft längst überholt und die daraus resultierende Drei-Zimmer-Wohnung spiegelt das heutige Bild der vorherrschenden Lebensmodelle nicht wider und kann deren Bedürfnisse nicht mehr befriedigen. Was könnte Innovation im Wohnungsbau bedeuten und wie könnte das neue Verhältnis zwischen Stadt, Typologie, Struktur, Raum und Funktion sein.

Das Bundesamt für Statistik der Schweiz definiert eine Wohnung wie folgt: «Unter Wohnung ist die Gesamtheit der Räume zu verstehen, die eine bauliche Einheit bilden und einen eigenen Zugang entweder von außen oder von einem gemeinsamen Bereich innerhalb des Gebäudes (Treppenhaus) haben. […] Als Zimmer gelten alle Wohnräume wie Wohnzimmer, Schlafzimmer, Kinderzimmer usw., welche als Gesamtes eine Wohnung bilden. Nicht gezählt werden Küche, Badezimmer, Duschen, Toiletten, Réduits, Korridore, halbe Zimmer, Veranden sowie zusätzliche separate Wohnräume außerhalb der Wohnung.»

Diese Aussagen sind zunächst eine Reaktion auf die Natur des Wohnungsmarktes und sollen grundlegende Qualitäten sichern. Sie offenbaren aber auch ein Verständnis von Wohnung, welches in allgemeinen Nutzungskonventionen verhaftet ist und sich in ihrer Permanenz eine Art Gewohnheit und Selbstverständnis entwickelt hat. Unsere Vorstellung von Wohnen ist auf diese Kriterien fixiert, verglichen mit dem was denkbar wäre.

Im Entwurf „Wohnen in Amsterdam“, in dessen Rahmen wir das experimentelle Wohnen erforschen und untersuchen möchten, kann es weder um einen bestimmten Benutzertyp noch um eine bestimmte Wohnform gehen. Vielmehr wird die Herausforderung darin liegen nicht nur Grundrisse und Wohnungen - die offen sind für verschiedene Lebensmodelle - zu entwickeln, sondern auch wie die Verknüpfungen von Stadt und Haus interpretiert werden können und was der Umgang mit dem Erdgeschoss bedeutet. Es sind öffentliche Nutzungen zu implantieren. Die öffentlichen Einrichtungen und der Umgang mit dem Erdgeschoss sind konzeptabhängig zu entwickeln.

Das Fehlen eines scharfen Bewohnerprofils, sowie eines konkreten Raumprogrammes, soll als Gelegenheit genutzt werden sich von den konventionellen Vorstellungen des Wohnens zu lösen. Vorgegeben ist einzig, dass die Häuser von mehreren Bewohnern genutzt werden. Die Wohnungstypen und deren Durchmischung sind konzeptabhängig zu entwickeln. Es müssen verschiedene Wohnungstypen im Entwurf realisiert werden.

Wir werden uns auf den Städtebau, die Struktur und Typologie, den architektonischen Raum und auf seine Materialisierung fokussieren. Eine abstrakte räumliche Vorstellung in Form eines assoziativen Bildes soll die Arbeit über das Semester begleiten und als inspirierende Grundlage dienen.

Als erstes wird in einer Gruppenarbeit das städtebauliche Umgebungsmodell gebaut, wie auch die Frage nach einem städtebaulichen Konzept auf dem Entwurfsperimeter diskutiert und im Kollektiv beantwortet. Dieses Konzept wird als Grundlage für die architektonischen Entwürfe dienen.

Johannes Theodor Berzau

Lu Chen

Melanie Wank

Viktoria Schimassek

Chris Soltysiak